Erlebnisgesellschaft

Willkommen in der Erlebnisgesellschaft!

Vorneweg möchte ich euch darauf hinweisen, dass dieser Artikel im Rahmen einer Arbeit für die Universität entstanden ist. Eine Umfrage bei mir auf Instagram hat ergeben, dass ihr gerne mehr in meinen universitären Alltag eingebunden wärt und wissen möchtet, was ich so treibe. Also habe ich mich entschlossen, diesen Text über die Erlebnisgesellschaft hier zu veröffentlichen. Übrigens war die Aufgabe dazu, einen literarischen Text zu einem Thema zu schreiben, das einen aufregt, bewegt, wütend macht und zum Nachdenken anregt. Ich würde dann auch gerne von euch wissen, was ihr so darüber denkt!

Er/leb/nis/ge/sell/schaft |Erlebnisgesellschaft |, die 
Substantiv, feminin 
in ihrem Lebensstil vorwiegend auf Erlebnis, Genuss und [Freizeit]vergnügen ausgerichtete Gesellschaft

– Duden

Das Leben im 21. Jahrhundert ist definitiv nicht einfach. Es wird ununterbrochen um unsere Aufmerksamkeit gebuhlt und wir werden von allen Seiten mit Werbungen und Angeboten, Urlaubsfotos und den tollsten Erlebnissen bombardiert. Jammern auf hohem Niveau, keine Frage. Sozusagen „First World Problems“. Auf der anderen Seite stehen wir in einem Zugzwang. Neben den alltäglichen Mühen des Arbeitslebens, müssen wir der Welt zeigen, wie viel wir erleben. Dass wir etwas erleben und dass es viel besser ist, als alles, was andere erleben. Als Erlebnisgesellschaft stehen wir unter Druck.

Erlebnisgesellschaft bedeutet unbewusstes Unglück

Wir wollen gefallen und das Erlebte soll gemocht werden. Erlebnis – was ist das eigentlich? Sollen wir aus allen Dingen, die wir machen, ein Erlebnis werden lassen? Ich befinde mich hier in einer Zwickmühle, denn ich möchte dazugehören und nicht als komplett langweilige Person „ohne Leben“ gesehen werden. Ich will auch erleben und an meinen Bekanntenkreis weitergeben, wie toll dieses und jenes nicht war. Doch bewegen wir uns hier auf dünnem Eis. Es wird bald brechen und uns auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Erlebnisse bringen uns vielleicht kurzfristig viel, aber sind dennoch nur eine Art, wie wir das Unglück in unserem Herzen kompensieren versuchen. Denn das ist der eigentliche Grund, weswegen wir uns in eine Erlebnisgesellschaft gestürzt haben. Durch Erlebnisse fühlt man sich nicht einsam, sondern ist ein Teil dieser großen Familie, die etwas vorzuweisen haben. Wer etwas erlebt, kann doch nicht unglücklich sein – oder doch? 

Das höchste Gut

Kann es vielleicht sein, dass die Gesellschaft mit ihrem Druck, etwas Erleben zu MÜSSEN, uns alle noch ein Stück weit in den Glücks-Ruin treibt? Ein weiteres Erlebnis, das uns die Leere in unserem Inneren bewusst macht und in einem Gefängnis voller Normen, Konsumdrang und Erlebniszwang eine weitere Schutzmauer gegen uns selbst errichtet? Ist es sogar vorgesehen, dass wir uns selbst herabwürdigen und Erlebnisse aller Art zu unserem höchsten Gut auserwählen? Nichtsdestotrotz wird ein Aufstand der Glücklichen und Zufriedenen schlussendlich einen Weg finden, dem Ganzen ein Ende zu setzen. Oder vielleicht auch nicht, man kann nie wissen.

Die Rolle von Social Media

Klar ist jedenfalls, dass die Erlebnisgesellschaft ein wesentlicher Punkt in unserem Leben darstellt. Gemeinsam mit dem Zwang, sein Leben in allen Einzelheiten preiszugeben und selbst das Kochen, Duschen, Staubsaugen oder Schlafen zu einem „absolut genialen Erlebnis“ zu machen. Ich selbst gehöre genauso dazu. Aber ich mache mir in letzter Zeit viel mehr Gedanken dazu, welche psychologischen Effekte da auf uns wirken und wie der Deal mit den Endorphinen so gut funktionieren kann. Dank der Social Networks hat die Erlebnisgesellschaft nochmals einen Boost sondergleichen bekommen. Ein wiederholtes Suchen nach Aufmerksamkeit, nach Beachtung – mit dem Zusatzaspekt der vermeintlich großartigen Erlebnisse. Nicht ohne Grund werden die Lebensereignisse wie Verlobung, Hochzeit, Schwangerschaft und Schulabschlüssen auf Facebook und Instagram ganz hoch bewertet und vielen Personen gezeigt. Schließlich soll sich jeder dazu verpflichtet fühlen, die Erlebnisgesellschaft weiter mit Informationen über sich und das Leben zu füttern.

Einen weiteren Aspekt möchte ich hier auch noch einbringen. An manchen Tagen schleicht sich bei mir das Gefühl ein, meine Pflicht gegenüber der Gesellschaft zu missachten. Vor allem dann, wenn ich mal nichts veröffentliche. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, welche Schuldgefühle sich bei mir entwickeln, wenn ich ein Monat keinen Text online stelle! Meiner Meinung nach ein Problem. Ein Problem, das eng mit der Erlebnisgesellschaft zusammenhängt. Man glaubt es kaum, aber es gibt hier auch eine positiven Seite.

Positiv denken!

Durch die Erlebnisgesellschaft sind wir uns einander näher denn je. Wir wollen Spaß haben, das Gute im Leben in den Vordergrund stellen und auch anderen ein gutes Gefühl geben. Dass das oft nicht so ist, ist keine Absicht. Wir haben wieder gelernt, dass das Leben nicht nur aus Krieg, Tod und Verderben besteht, sondern auch Spaß und Genuss zu bieten hat. Freigeister und Genießer können wir uns nennen. Das Leben hat für uns wieder mehr mit Spaß und Freude zu tun, nicht Arbeit oder Erschöpfung. Und das tut trotz all der negativen Vibes ganz gut.

Pipifeine Grüße,
Sophie

PS: Ich habe in Barcelona eine Erkenntnis gehabt, die ganz gut zu diesem Text hier passt!

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