Als Kind war ich richtig richtig richtig schüchtern. Nicht nur so ein bisschen, wie die meisten, die einfach nur Zeit brauchen, sich an Situationen anzupassen. Bei mir war da irgendwas nicht ganz normal. Viele legen ihre Schüchternheit im Volksschulalter ab und werden aufgeschlossener und tun das, was normale Menschen eben so tun, wenn sie zum Beispiel in einem Restaurant sind: sie fragen nach einem neuen Getränk, nach der Rechnung, grüßen Menschen oder antworten auf deren Fragen. Doch die kleine Sophie war da zu verkorkst und hat sich NICHTS getraut. Und damit meine ich wirklich nix.
Wie sich meine Schüchternheit auf mein Leben ausgewirkt hat
Zuerst einmal möchte ich hier betonen, dass meine Eltern in keinster Weise etwas falsch gemacht haben, was dieses Verhalten hervorgerufen hätte. Ich habe sowieso die besten und liebsten und fürsorglichsten Eltern, die man sich wünschen kann. Klar waren sie auch mal streng, aber das habe ich definitiv gebraucht. Jedenfalls war dieses seltsame Verhalten von mir – vor allem für mein Umfeld – sehr anstrengend. Den Kellner um die Rechnung bitten? Keine Chance! Die Nachbarin fragen, ob sie Gemüse aus dem Garten will? Sicher nicht! In einem Gasthaus nachfragen, ob man auf die Toilette gehen darf, obwohl man nichts konsumiert? Vergiss es! Im Grunde konnte ich nichts fragen oder einfordern oder fremde Menschen ansprechen. Wer jetzt glaubt, das alles war nur als Kind so, liegt ein klein wenig daneben. Eigentlich hat sich das erst mit 18 gelegt. Der Weg bis dahin war sehr schwer und sehr steinig. Ganz ehrlich: im Nachhinein betrachtet, denke ich mir nur Kopf -> Tisch, weil ich so plemplem war. Ich wusste, dass mir die Menschen nichts tun werden, wenn ich sie anspreche. Dennoch war meine Devise: um keinen Preis irgendwie auffallen oder bemerkt werden.
Der Wandel vom schüchternen Mäuschen zum Social Butterfly
Schon mehrere Menschen haben mir erzählt, dass es immer eine Schlüsselperson im Leben gibt, die dir eine Welt voller Möglichkeiten und Selbstverwirklichung zeigt. Eine Welt, an dem keine Angst vor den Gedanken anderer Menschen existiert. Aber vor allem eine Welt, in der man ganz einfach kommunizieren kann. Diese Person hat mir die Augen geöffnet und mich einfach ins kalte Wasser gestoßen – und zwar hat er mich flyern geschickt. Einfach einen Stapel Zettel in die Hand gedrückt, die ich an andere Menschen verteilen musste. Die absolute Hölle für einen schüchternen Menschen. Doch dann musste ich mir eingestehen, dass ich es teilweise sogar recht lustig gefunden habe und das Gefühl der geistigen Überlegenheit eingetreten ist, weil ich bestens über ein Thema Bescheid wusste. Das mag vielleicht jetzt etwas eingebildet klingen, doch so ein Gedanke kann wahre Wunder vollbringen. Denn zum ersten Mal war ich den übrigen Menschen ein Fünkchen an Ideen voraus und wusste das. Schließlich kam immer mehr dazu. Aus Flyern wurde mit völlig fremden Menschen diskutieren, wurde Reden halten bis hin zu verrückten Sachen wie Fernsehinterviews geben.
Status Quo
Jetzt ist Schüchternheit die meiste Zeit über kein Thema mehr. Ich gehe auf Events, wo ich niemanden kenne, reise allein, habe Fotoshootings mit mehreren Zuschauern und lebe ein ziemlich öffentliches Leben. All das habe ich nur meiner Schlüsselperson zu verdanken, weil sie mir die Augen geöffnet hat. An alle schüchternen Mäuse da draußen: traut euch nur einmal über euren eigenen Schatten springen. Es ist ein riesiger Schritt vorwärts in eurem Leben. Nur einmal so tun, als wärt ihr superaufgeschlossen und extrovertiert. Fake it, till you make it! Es funktioniert und wird euer Leben in so vielen Bereichen verändern. Man braucht wirklich nur einen Schritt gehen und ab dann wird es jedes Mal einfacher.
Pipifeine Grüße,
Sophie